Heimatkreis Rummelsburg in Pommern



Der „alte Püstower“ und der Bronzekeiler


 

Aus Rummelsburger Land. 13. Jahrgang, 2. Vierteljahr 2006:

Der ursprüngliche Standort des „Püstower Keilers“ befand sich neben einem von der Bevölkerung „Großer Stein“ genannten Findling nördlich der Straße von Püstow nach Techlipp. Der ein männliches Wildschwein darstellende Bronzeguß hat inzwischen seine eigene Geschichte. Heute steht der antrollende Bronzekeiler in der Eingangshalle des Varziner Schlosses. Er kam nach dem Zweiten Weltkriege in die Obhut der am 23. Juni 1946 gegründeten inzwischen weithin bekannten Forstschule, die sich in Varzin im Bismarck-Schloß einrichtete. Dies bedeutete einen Glücksfall für das kleine Kulturdenkmal. Wer weiß, was sonst aus ihm geworden wäre?
Bei der Bronzeplastik handelt es sich um eine lebensgroße Darstellung, mit einer Länge von 130 cm und einer Höhe von 79 cm. Bis auf einen dicht hinter dem (Schulter)blatt sitzenden Einschuß hat die Bronzeplastik die schweren und unruhigen Kriegs- und Nachkriegszeiten unbeschädigt überdauert. Wer wohl, bei welcher Gegebenheit auf den metallenen Keiler geschossen hat, ist unbekannt. Für einschlägige Vermutungen gibt es einen sehr, sehr weiten Spielraum.

Die Geschichte des Keilers ist verbunden mit dem Manne, dem zu Ehren und zum Gedenken er einmal aufgestellt worden ist. Es war der am 6.12.1860 geborene Franz  v o n   Z i t z e w i t z  auf Püstow, ein über Pommerns Grenzen hinaus anerkannter Jäger und Heger. Die großen Waldjagden in seinem Püstower Forst mit Strecken von z.B. 120 Stück Schalenwild (20 Rothirsche und 100 Sauen) sind zur Legende geworden. Wohl kaum ein Buch über Jagd in Pommern läßt sie unerwähnt.
Der damalige Jägermeister für Ostpommern Gerd von Lettow-Vorbeck hat in seinem Buch „Grüne Passion“ diesen Jagden und damit zwangsläufig dem Jagdherrn ein literarisches Denkmal gesetzt. Hier sei ein Satz aus dem Kapitel „Auf Rotwild und Sauen“ zitiert: „Mehrmals in der Novemberpost befand sich auch an der Stelle der üblichen buntbebilderten Karten jener feierlich weiße Brief in Kursivdruck mit dem Stempel „Püstow“ und verhieß zwei Tage jägerischen Erlebens nicht mehr überbietbaren Ausmaßes, denn Saujagd in Püstow war, sowohl an der Strecke als auch am äußeren Rahmen ihres Ablaufs gemessen, ein Ereignis ohnegleichen im jagdlich so gesegneten Pommern, ja in Deutschland und vielleicht in der ganzen Welt.“ Eine Anmerkung für Nichtjäger: Mit Sauen sind in der Waidmannsprache Wildschweine beiderlei Geschlechts gemeint, das Schwarzwild.

 



Eingerichtet vom und für den Jäger Franz v. Zitzewitz: Das Geweihzimmer im Schloß.
Foto erhalten von Andreas v. Zitzewitz


Franz von Zitzewitz studierte einige Semester in Freiburg und Leipzig, wurde 1883 Soldat im 2. Gardeartellerie-Regiment in Berlin, wo er reichlich Betätigung mit Pferden fand. Stolz war er darauf, daß er u.a. ein von ihm zugerittenes Pferd der Kronprinzessin, der späteren „Kaiserin Friedrich“ verkaufen konnte. Er beteiligte sich an Parforcejagden und Offiziersrennen. Später konnte ihm sein Vater den Wechsel zum Kavallerie durch Eintritt in das Husarenregiment Fürst Blücher von Wahlstatt, Pommersches Nr. 5, in Stolp vermitteln, wo er sich seiner Pferdepassion noch stärker widmen konnte. Im 1. Weltkriege kommandierte er als Major ein Kavallerie-Halbregiment.

 


Franz v. Zitzewitz-Püstow
Bild erhalten von Andreas v. Zitzewitz


Im Jahre 1889 heiratete Franz von Zitzewitz die Bankierstochter Margarete  v o n   K r a u s e, die schon 1896 nach kinderloser Ehe starb. 1898 ging er mit Ada  v o n  T i e d e m a n n – C r a n z  eine zweite Ehe ein. Das Paar hatte zwei Kinder. 1900 wurde Tochter  H a n n e l i e s e  und 1901 Sohn  F r a n z  geboren.
Geschäftlich war Franz von Zitzewitz durchaus erfolgreich. Er kaufte 1892 mit finanzieller Hilfe seines ersten Schwiegervaters, seinem in Beßwitz ansässigen und das dortige Gut bewirtschaftenden Vater das Nebengut Püstow ab. Dabei verzichtete er gegenüber seinen Geschwistern auf alle Erbansprüche. Danach kaufte er die Güter Plötzig (1900) und Techlipp (1906) hinzu. In Plötzig gründete er bald die Mineralwasserfabrik, in der das Wasser für das unter dem Namen „Greifensteiner“ weithin geschätzte Getränk gewonnen wurde.

Doch schwere Schicksalsschläge hatte der „Alte Püstower“, wie er verehrend genannt wurde, hinzunehmen. 1930 starb seine um 18 Jahre jüngere zweite Frau und im Jahr darauf, am 20. April 1931, verlor er durch einen Autounfall seinen einzigen Sohn. An dieses tragische Ereignis erinnert noch heute ein Gedenkstein, unmittelbar nördlich der Straße nach Techlipp in der Talsenke des Grundelbaches, der kurz oberhalb der Techlipper Mühle in die Stüdnitz mündet. Etwa einen km ostwärts dieses Gedenksteines war der frühere Standort des Bronzekeilers.

Vater Franz von Zitzewitz starb plötzlich am 26. Juni 1937. Der Püstower Besitz, zu dem nun auch Techlipp und Plötzig gehörte, ging auf die einzige Tochter Hanneliese  G r ä f i n   v o n   B o r c k e – S t a r g o r d t  über. Er umfasste 1939 insgesamt 2.554 ha, davon beachtliche 1.483 ha Wald.

 



Rückseite des Püstower Schlosses.
Foto erhalten von Andreas v. Zitzewitz

 

Das Püstower Gutshaus, gern Schloß genannt, wurde 1945, zwei Wochen nach der Besetzung durch die Rote Armee, durch Feuer zerstört. Dem ebenfalls stattlichen Gutshaus in Techlipp war ein gleiches Schicksal beschieden. Das Gutshaus in Plötzig ist noch vorhanden. In Püstow blieben Wirtschaftsgebäude erhalten. Dieses Gut bewirtschaftet heute ein Landwirt aus Niedersachsen.

Aber noch vor dem Zweiten Weltkriege wurde dem Alten Püstower, dem berühmten Jäger und Heger, ein besonderes Denkmal gesetzt. Sein Schwiegersohn Dr. Graf Henning von Borcke-Stargordt schrieb in einem „Franz von Zitzewitz“ überschriebenen Kapitel in der Chronik „Landbesitz der Familie von Zitzewitz bis zum Kriegsende 1945“: „Erwähnt sei noch, daß im Jahre 1938, ein Jahr nach seinem Tod, all seine alten Jagdfreunde sich versammelten, um Zeugen der Denkmalsweihe eines bronzenen Keilers zu sein, den seine Tochter ihm an einem alten Findling, den er besonders geliebt hatte, errichten ließ.“


Hans-Ulrich Kuchenbäcker, Autor und Schriftleiter

 

 


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Erstellt von Jürgen Lux - Letzte Aktualisierung: 10.08.2016