Das
Dorf und die Kirche liegen ca. 4 km außerhalb der ehemaligen Kreisstadt
Rummelsburg. Das Kirchengebäude, auf einem Hügel gelegen, mit dem kleinen
Friedhof, ist das unverwechselbare
Wahrzeichen für den Ort. Bereits 1613 erhielt die damals schon im Ort
ansässige Gutsfamilie v. Massow, die Patronatsherren
der Rummelsburger Kirche waren, die landesherrliche Erlaubnis, sich
in Groß Volz eine Kirche zu erbauen, in der dann sonntäglich ein Gottesdienst
für die umliegenden Dörfer abgehalten wurde. Neben der Wahl und Berufung
der Pastoren hatte die Familie das Recht auf Bestellung des Administrators aus
dem Magistrat Rummelsburg. Letzterer hatte die Aufsicht über die Kirchen und
deren Grundstücke.
Die
aus Feldsteinen gebaute Kirche entsprach in ihrer Schlichtheit ganz den
Bedürfnissen der hier lebenden pommerschen evangelischen Christen, deren ganzes
Leben aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit und aus dem Glauben zu ihrem
Herrgott bestand. Der patronatsherrlichen Familie war in der Kirche
die erste Reihe vorbehalten, wobei auch hier die pommersche Sitzweise –
die Herren rechts und die Frauen links vom Altar – eingehalten wurde. Diese
Sitte ist nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr eingehalten worden. Das
silberne Abendmahlsgerät zierte das Massow-Wappen.
Der
Blick vom Kirchenportal führt zu dem ehemaligen Gutshof und dem Groß Volzer See.
Auf
dem abgezäunten Friedhofplatz liegen u.a. 8 Familienangehörige begraben.
Auf einem der alten Gräber ist auf der Vorderfront eine Platte des letzten Massow-Besitzers vor der Vertreibung Rüdiger von Massow und seiner Ehefrau Ehrengard
von der Familie angebracht worden.
Nach
dem 2. Weltkrieg blieb die Kirche trotz aller Veränderungen der Bevölkerung
eine evangelische Kirche, in der regelmäßig Gottesdienste der dort
verbliebenen Gemeindemitglieder abgehalten wurde. Auch in einer Umbruchphase
der völligen Umstellung der Sprache von Deutsch auf Polnisch konnte Martin
Niemöller es bei einem Besuch bei der polnischen evangelischen Kirche
erreichen, dass hier wenigstens einmal im Monat ein Gottesdienst in deutscher
Sprache abgehalten wurde.
Über
die Besucherzahlen liegen keine genauen Angaben vor, sie werden durch die
Vertreibung des größten Teils der Bevölkerung und die großen Notzeiten ab
Ende der 70er Jahre gering gewesen sein.
Die
Pommersche Genossenschaft des Johanniterordens, die ab 1981 mit
Hilfstransporten die pommerschen Gemeinden der Evangelischen Kirche
Polens zu betreuen begannen, fand in dem Gebiet Rummelsburg nur noch
ca. 30 Familien als Mitglieder der Kirche vor. Mindestens zweimal im Jahr
wurden von dort an, Pakete mit Naturalien und Bekleidung zunächst über die
Pfarrer, sehr bald aber in persönlichen Besuchen verteilt. Die Kirche
erhielt Anfang der 90er Jahre auf diese Weise auch eine fast ungebrauchte
moderne elektronische Orgel.
Den
schlichten Innenraum der Kirche ziert eine Gedenktafel der gefallenen
Rummelsburger des 1. Weltkrieges. Auf der Empore befindet sich eine
Gedenktafel der Gefallenen aus den Kriegen 1870-1871. Der Himmel im Altarraum
wird von kleinen aufgemalten Sternen unterbrochen.
Neben
dem Johanniterorden betreute auch der Pommersche Evangelische Konvent die
Gemeinden mit Naturalien, sorgte aber auch dafür, dass das Dach der
Kirche neu gedeckt, die Außenmauern neu verfugt und dem Innenraum ein
neuer Anstrich gegeben werden konnten, um die aufgetretenen Wasserschäden
zu beseitigen. Hieran beteiligte sich u.a. auch der Heimatkreis
Rummelsburg e.V. Durch die, wie sich
später herausstellte, falsche nach außen gewölbte Verfugung traten
sehr bald wieder Wasserschäden an verschiedenen Stellen der Kirche auf.
Eine Grundsanierung ist deshalb das Gebot der Stunde. Das zerfallene
Kirchenportal wurde durch eine Spende von Frau Ehrengard
v. Massow 2007 finanziert und eingebaut.
Frau
Ehrengard v. Massow, die
Ehefrau des letzten Eigentümers Rüdiger v. Massows,
übernahm für die Johanniter und das Sozialwerk der Pommern in Wesel, wo
sie mit ihrem Mann und Familie ab 1952 lebten, ab 1982 die Hilfstransporte in
u.a. dieses Gebiet. Durch diese Transporte und die dort angetroffene
Not angefeuert , siedelte sie ab 1992 wieder zurück auf das ehemalige
Gutsgelände, pachtete - 78-jährig - dort 27 ha Land ihres angestammten
Gutes zur Aufzucht von Highland-Cattle-Kühen
und war die Seele der Gemeinde für weitere 12 Jahre.
Durch
die ständige Verringerung der Gemeinde wurde mit der katholischen Kirche
ein Nutzungsvertrag geschlossen, der keine Veränderungen im Innenraum der
Kirche vorsah und dieser die Pflege und Reinigung der Kirche und des
dazugehörigen Geländes übertragen wurde sowie der evangelischen Gemeinde
jederzeit auch die weitere Nutzung gewährte. Ebenso sollte die Kirche für
Touristen nach vorheriger Anmeldung zugänglich bleiben.
Nachdem
es keine evangelischen Kirchenmitglieder und damit auch Gottesdienste
mehr gibt, versucht die Evangelische Kirche nach gleichzeitiger
Konsultation der Familie v. Massow mit der
Katholischen Kirche eine endgültige Übertragung auf diese zu vereinbaren. Wenn
dieses Vorhaben gelingt, kann sie weiter als ein Stück lebendiger
Geschichte – die letzte evangelische deutsche Dorfkirche im heutigen Polen
gewesen zu sein - erhalten bleiben.
Text und Fotos: Dirk v. Hahn
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Erstellt von Jürgen Lux - Letzte Aktualisierung: 24.01.2016