Heimatkreis Rummelsburg in Pommern



Das Gut Püstow und seine Besitzer[1]

 

Letzter Besitzer von Püstow war der Major a.D. Franz v. Zitzewitz (1.XVI.509) 1860-1938 ∞ I. Margarete v. Krause (1868-1896), II. Adda v. Tiedemann (1879-1930) beerbt von seiner Tochter Hanneliese Gfn. v. Borcke-Stargordt (1900-1990) ∞ 1921 Dr. jur. Henning Graf v. Borcke-Stargordt. Dieser hatte 4 Töchter, so dass die männliche Linie ausgestorben ist.


Adda und Franz v. Zitzewitz


Adda v. Zitzewitz geb. v. Tiedemann


Adda von Zitzewitz mit Kindern Franz und Hanneliese


Hanneliese und Franz v. Zitzewitz

Das Schloß wurde 1945 von den Russen abgebrannt. Die Landwirtschaft wurde nach der Wende viele Jahre lang von einem Herrn Beyes aus Aschersleben betrieben, der mit einer Polin verheiratet ist.
Größe lt. Güteradressbuch 1938/39 (inkl. Techlipp, Plötzig, Pritzig): 2554 ha, davon 1483 Wald, 873 ha Ackerland, Rest Weiden und Hofanlage.



Schloss Püstow. AK-Sammlung H.J. Knaack

 

 


Geweihzimmer in Püstow. Historische Ansichtskarte


Franz v. Zitzewitz mit Tochter Hanneliese v. Borcke-Stargordt 1933


Püstow – Geweihzimmer


Schloß Püstow – Wohnzimmer.
Mit Epitaph von Ernst Bogislav aus der Kirche in Wussow


Schloß Püstow - Wohnzimmer


Püstow 1904


Schloss – Gartenseite


Blick vom Park

Das Herrenhaus in Püstow wurde eigentlich 1869 für den ältesten Sohn des Franz v.Z. (1.XIV.394), Franz jun. (1.XV.456) 1833-1870 gebaut, der nach dem Krieg 1870/71, den er als Rittmeister mitmachte, sehr jung an Typhus starb. Das Haus stand nun viele Jahre leer, bis 1891 ein Neffe des ersten Franz auf Püstow, ebenfalls Franz (1.XVI.509), später 7. Familienvorsteher, den Besitz übernahm. Franz hatte dank des Vermögens seiner Mutter Nelly v. Salmuth eine gute Erziehung genossen und besuchte einige Semester die Universitäten in Freiburg und Leipzig, aber zum Eintritt in ein Corps oder später in ein Kavallerieregiment reichten die Mittel nicht. Erst später konnte er durch Fürsprache seines Vaters beim Reiterregiment Nr. 5 Stolp seiner Pferdepassion frönen und war Püstow dadurch näher. Nach der Heirat mit Margarete von Krause, Tochter des bekannten Bankiers Friedrich Wilhelm v. Krause am 29.9.1889 brauchte er auf materielle Sorgen keine Rücksicht zu nehmen. So konnte er 1892 das Gut Püstow von seinem Vater abkaufen. Damit verzichtete er gleichzeitig auf Ansprüche aus dem väterlichen Vermögen. Da Schwiegervater v. Krause auf die Rückzahlung der Kaufsumme verzichtete, war er nun Alleinbesitzer. Nach dem Krebstod seiner Frau 1896 heiratete Franz 1898 Adda v. Tiedemann-Cranz (1879-1930). Aus dieser Ehe gingen die Tochter Hanneliese, später Gattin des Grafen Henning v. Borcke-Stargordt und Sohn Franz (1901-1931) hervor. 1900 kaufte er das Nachbargut Plötzig, das dem Vetter aus Techlipp gehört hatte. Dadurch wurde der Wert des Besitzes sehr gehoben, denn Plötzig hatte den besten Boden im Kreis Rummelsburg. Die Mittel zum Kauf erhielt er von dem Onkel seiner Frau, dem Geheimen Kommerzienrat Hardt, Inhaber des Exporthauses Hardt & Co. in Berlin. Dieser verwaltete das Vermögen der Luise v. Tiedemann, geb. Hardt, der einzigen Tochter des Begründers dieses bekannten Handelshauses und Mutter von Adda.

Püstow gehörte zum Kirchspiel Besswitz, d.h. die Kirche in Besswitz wurde 1891 erbaut, finanziert aus dem Vermögen der Nelly Simon von Salmuth, Frau des Oberst Ernst von Zitzewitz. Der kniende Engel, der jetzt im Vorraum als Weihwasserschale dient, war früher das Taufbecken und wurde von dem Schwiegervater des Franz v. Zitzewitz-Püstow, Wilhelm von Krause gestiftet, was auch auf der Rückseite des Sockels vermerkt ist. Mehr zur Kirche in Besswitz siehe unter 'Besswitz’. Von den Gräbern der Familie ist heute nichts mehr zu finden. Die Begräbnisstelle befindet sich im Wald, d.h. aus Richtung Techlipp kommend in der ersten Linkskurve geht ein Feldweg rechts ab. Diesen bis zum Ende (Waldanfang) fahren und links im Wald nach Überresten suchen.

Familiengeschichte zu Püstow:

Der Begründer des dritten Beßwitzer Zweiges, Oberst Ernst v. Zitzewitz (1.XV.457) hatte mit seiner Frau Helene gen. Nelly Simon v. Salmuth insgesamt 9 Söhne:

1.

Franz v. Zitzewitz, Major, Herr auf Püstow, Plötzig, Vontzog und Techlipp (1860-1938)

2.

Wilhelm v. Zitzewitz (1.XVI.510), Leutnant d. kaiserl. Schutztruppen in Ostafrika (1862- 1891)

3.

Georg v. Zitzewitz (1.XVI.511), Korvettenkapitän (1866-1946) ∞ Martha v. der Wickerau Gfn. v. Krockow (1866-1941)

4.

Ernst v. Zitzewitz (1.XVI.512), Major, Herr auf Besswitz, Seehof, Johannishof, Brotzen (1867-1940) ∞ Frida v. Schönstedt (1877-1938)

5.

Joachim v. Zitzewitz (1.XVI.513), Oberst i.G., Herr auf Wangerin und Börnen (1869-1929) ∞ Johanna Tenge (1872-1955)
Sein Sohn Karl Joachim (1.XVII.574) begründete den Neuenheerser Zweig

6.

Paul v. Zitzewitz (1.XVI.514) 1871-1879 – starb als Kind

7.

Curt v. Zitzewitz (1.XVI.515) 1874-1879 – starb als Kind

8.

Karl-Eugen v. Zitzewitz (1.XVI.516), Rittmeister (1879-1941) ∞ I. Katharina Pauli (gesch.), II. Martha Rabe (1892-1982)

9.

Benno v. Zitzewitz (1.XVI.517), Leutnant (1882-1904)

Ein bekanntes touristisches Ziel, das oft von Pommernfahrern angesteuert wird, ist die Forstschule Varzin, ein ehemaliger Zitzewitz´scher Besitz, mehr bekannt als Landsitz des „Eisernen Kanzlers“ Fürst Otto von Bismarck. Leiter der Forstschule war Piotr Manka (+ 2014), vielen Besuchern als bekennender Bewunderer des Reichskanzlers und beliebter Dolmetscher bekannt. Ihm ist es zu verdanken, dass z.B. das lebensgroße Relief von Bismarcks Lieblingspferd „Schmetterling“, das lange verschwunden war, wieder aufgestellt wurde und außen an der Hauswand auf der Rückseite prangt. Kommt man in die Halle, sieht man dort einen fast lebensgroßen bronzenen Keiler in einem Kamin stehen. Dieses Wildschwein stammt eigentlich aus dem benachbarten Püstow und hat mit Bismarck gar nichts zu tun.



Der Bronzekeiler in der Halle der Forstschule Varzin
Foto: Jürgen Lux

Das Standbild wurde 1938 kurz nach dem Tod des alten Majors Franz von Zitzewitz-Püstow in der Püstower Feldmark aufgestellt, damals war es noch unversehrt. Der großkalibrige „Blattschuß“ (auf der rechten Seite) wurde erst später hinzugefügt, vermutlich in den Nachkriegsjahren. Das Kunstwerk wurde s. Zt. Von Prof. Fritz Hermann Wachsmuth aus Berlin geschaffen und von Hanneliese Gräfin Borcke, der einzigen Tochter des alten Püstowers, in Auftrag gegeben.



Das Original aus dem Jahr 1938

Es fand seinen Platz auf einem Sockel in der Püstower Feldmark neben einem riesigen Findling, bei dem es sich nach Meinung Prof. Borsigs um einen Meteoriteneinschlag handelt. Diesen kann man, versehen mit einer polnisch-sprachigen Markierung als Naturdenkmal im Feld, an der Straße von Püstow nach Techlipp besichtigen. Die heute nicht mehr auffindbare Grundplatte, auf die der Keiler montiert war, trug auf der einen Seite die Lebensdaten des zu Ehrenden:

Franz von Zitzewitz-Püstow
5.12.1860 – 26.6.1938

Die andere Seite trug die Inschrift:

Zur Erinnerung
an die Enthüllung des Denkmals, welches
Hanneliese Gräfin von Borcke, geb. von Zitzewitz
am 1. Juli 1938 ihrem Vater
Franz von Zitzewitz
dem Heger des Wildes von Püstow zum Gedächtnis setzte.
Das Werk schuf: Fritz Hermann Wachsmuth, Berlin, Regensburger Str. 29, Tel. 257922

Er erinnert mich bei all meinen Besuchen in Varzin an die berühmten Püstower Wildjagden, die alljährlich im Herbst stattfanden. Da es sich seinerzeit um ein so einmaliges Erlebnis handelte, will ich die Erinnerung daran in diesen Zeilen festhalten.



Der Bronzekeiler vor dem großen Findling (zw. Techlipp und Püstow)
zu Ehren des 1938 verstorbenen Franz von Zitzewitz-Püstow

Obwohl ein bekannter Spruch lautet: „Auf dem baltisch-pommerschen Höhenrücken existieren nur Sauen, der Kiefernspanner und der Uradel“, hatte das Rittergut Püstow für hinterpommersche Verhältnisse recht guten Boden und dank guter forstlicher Vorarbeit einen dickungsreichen Wald mit hohem Wildbestand. Ausweislich des Güteradressbuches von 1938 verfügte Püstow damals über eine Gesamtfläche von 2554 ha – 873 ha Ackerland, 152 ha Wiesen und 1438 ha Wald. Allein der offizielle Abschussplan sah in den 30er Jahren 2 Hirsche der Klasse I a, 4 der Klasse I b, 15 Hirsche II b und 20 Stück Kahlwild vor. Auf der alljährlichen zweitägigen Drückjagd traf sich die Elite ostelbischer Büchsenschützen. Wer mehrmals vorbei- oder gar krankschoss, wurde von der Liste gestrichen. Auch der damalige Reichsmarschall Hermann Göring hatte von der sagenhaften Jagd gehört und sich selbst eingeladen! Nun muß man wissen, dass der hinterpommersche Adel im allgemeinen mit den Nazis nicht viel im Sinn hatte. So war beispielsweise mein Vater Egbert v. Zitzewitz -Turzig bis zu seinem plötzlichen Tod im Januar 1940 Kreisjägermeister, ohne PG (Parteigenosse) gewesen zu sein!

Als die Nachricht über Görings Ansinnen aus Berlin eintraf, war man natürlich nicht sehr erbaut, aber man mußte sich fügen. Schnell wurde in der Nähe bei Techlipp ein provisorischer Feldflugplatz eingerichtet und Bettlaken als Landehilfe ausgelegt. An besagtem Tag kreiste die JU 52 mehrmals darüber, um schließlich wieder in Richtung Westen abzudrehen. Ein am Abend eintreffendes Telegramm besagte, der Landeplatz sei ungeeignet gewesen und man bedauerte, an der Jagd nicht teilnehmen zu können. Das Bedauern konnte von der Jagdgesellschaft nicht erwidert werden!

Ein gern gesehener Gast hingegen war der ehemalige Reichskanzler Franz v. Papen, der auf mehreren Jagden eingeladen war. Weitere ständig wechselnde Jagdteilnehmer waren Graf Cloud-Trautwetter, Hasso v. Knebel-Döberitz, Fürst Fugger-Babenhausen, Adalbert Delbrück-Schickler (Bankier aus Hamburg), Ernst-August v. der Osten-Witzmitz, Graf Finkenstein-Drossin, Frh. v. Hammerstein, Harras Camineci-Zetthun, v. Eisenhardt-Lietzow, um nur einige zu nennen.


Püstower Treibjagd 1936


Förster Buhs mit erlegtem Hirsch 1941


Einladung zur Wildjagd


Die Strecke der Püstower Wildjagd 1936:
120 Sauen und 11 Hirsche

Man muß sich vorstellen, dass damals überwiegend mit Airdale-Terriern als Stöberhunde gedrückt wurde. Es waren viele erfahrene Treiber aufgeboten, die ihre Aufgabe im Laufe der Jahre gut kannten und das Wild schussgerecht vor die Büchsen trieben. Die Jagd begann in der Regel mit dem Eintreffen der Jäger und ihrer Frauen am Vorabend.  Pünktlich um 23 Uhr wurden alle ins Bett geschickt, denn man wollte ja am nächsten Tag gut schießen.

Der Jagdtag fing zeitig an mit Hörnerklang der Förster am Gutshaus und zügigem Ausmarsch mit Pferdewagen, später auch mit Pkw. Wegen des hohen Wildbestandes gab man 1936 auch Kahlwild frei, was sonst nicht der Fall war. Der Jagdherr Franz v. Zitzewitz war schon sehr betagt und leidgeprüft durch den frühen Tod seiner zweiten Frau und seines einzigen Sohnes, der 1931 im Alter von 29 Jahren ganz in der Nähe des Gutshauses in der Senke zwischen Püstow und Techlipp mit dem Auto tödlich verunglückte. Noch heute erinnert ein Gedenkstein gegenüber eines Verkehrsschildes in der Senke an dieses Unglück. Erstmalig mußte in jenem Jahr mein Vater die Jagd leiten, was durch langjährige Erfahrung keine Probleme bereitete. Um es kurz zu machen: In 2 Jagdtagen wurde eine Strecke erzielt von 165 Stück Schalenwild – 11 Abschusshirsche, 34 Stück Kahlwild, 120 Sauen, davon 50 Frischlinge! Dieses Ergebnis wurde mit nur 16 Schützen erreicht, für heutige Verhältnisse unvorstellbar. Wer schnell nachrechnet, wird feststellen, dass mit dem Kahlwildanteil der Abschussplan überzogen wurde. Gerade in Pommern wurde besonders waidgerecht gejagt und zu hohe Entnahmen wurden durch entsprechende Zurückhaltung im Folgejahr ausgeglichen. Nach mir vorliegenden Erzählungen lag die Trefferquote sicherlich unter 1 : 2, und das ohne Rotpunkt oder sonstige moderne Zielhilfen.

Natürlich verfügte man über Wildkammern, aber diese wurden mit Natureis gekühlt, und ich kann mir heute kaum vorstellen, wie man diese Riesenstrecke so schnell vermarkten konnte. Aber vermutlich war der Wildhändler Grothe aus Stolp (Słupsk) der Abnehmer. Überschlagsmäßig komme ich auf etwa 7,4 to bahnfertiges Wildbret, eine Menge, mit deren Absatz auch heute manches Forstamt zu kämpfen hätte.

Die Idee, dem passionierten Jäger und Heger Franz von Zitzewitz ein Denkmal in Form eines Bronzekeilers zu setzen, hatte seine Tochter Gräfin v. Borcke-Stargord zusammen mit der Jagdgesellschaft, die alljährlich hier zusammenkam. Der alte Püstower hatte auch ein gutes Händchen für’s Geldverdienen. So füllte er auf dem Nebengut Plötzig (Plocko) ein besonders wohlschmeckendes Mineralwasser ab, das er ’Greifensteiner’ nannte.

Major a.D. Franz v. Zitzewitz-Püstow starb am 26. Juni 1938 im 78. Lebensjahr, ohne jemals krank gewesen zu sein. Man könnte fast sagen, er starb aus freudiger Erregung, denn im Raum Püstow war eine grosse militärische Übung angesetzt und Prinz Oskar von Preußen sollte in Püstow Quartier nehmen. Bei seinem Eintreffen gab Onkel Franz seiner Freude ob dieses hohen Besuches dadurch Ausdruck, dass er dem Prinzen seine Doppelbüchse gab und in seinem Jagdwagen auf die Pirsch schickte. Prinz Oskar schoß einen kapitalen Bock – den besten seines Lebens, wie er später sagte. Als er mit dem Bruch zurückkam und sich beim Hausherrn bedanken wollte, hatte das Herz des alten Püstower aufgehört zu schlagen. Der Prinz konnte den Bruch nur noch auf seinen Sarg legen.



Jagdgesellschaft in Püstow, ca, 1936
von links: Graf Cloud-Trautwetter; Knebel-Döberitz; Fürst Fugger-Babenhausen; mit Schal = Joachim Freiherr v. Braun-Gerdauen/Annawalde[2]
Adalbert Dellbrück-Schickler, Hamburg; Hanneliese Gräfin Borcke-Stargordt; v. Althen-Kriwan (?);
E.-August v. der Osten-Witzmitz; Major Franz v. Zitzewitz; unbekannt (mit Mütze);
Graf Finckenstein-Drossin; Freiherr v. Hammerstein; Caminneci-Zetthun; unbekannt; v. Eisenhardt-Lietzow (?)

 

 

 

 

 

 

                                     

 


Erinnerungsstein an den Tod von Franz v. Zitzewitz jun. 1931,
aufgestellt in der Senke zwischen Techlipp und Püstow
Foto: Jürgen Lux


Inschrift: Hier verunglückte tödlich am 20. Apr. 1931
Franz von Zitzewitz, Püstow im Alter von 29 Jahren
Foto: Jürgen Lux

 


Foto aus dem Jahre 2012 von Andreas v. Zitzewitz<

 

 

 

Autor: Andreas von Zitzewitz
Alle Fotos erhalten von A.v.Z.
mit wenigen Ausnahmen, die gekennzeichnet sind

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Erstellt von Jürgen Lux - Letzte Aktualisierung: 10.03.2023



[1] Autor: Andreas v. Zitzewitz-Turzig

[2] Nach Angabe von Wenzel Freiherr v. Braun vom 06.03.2023. Er hat seinen Vater Joachim v. Braun auf dem Foto erkannt.