Allgemeines: Brotzen
war ein Gutsdorf. Der letzte Gutsbesitzer 1945 hieß
Dr. Helmuth Hendel. Das 880 ha große Rittergut Brotzen hatte der aus Hamburg stammende Helmuth Hendel
1926 erworben. Das Gutshaus wurde 1913 erbaut vom Berliner Architekt Ernst
Paulus.
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Brotzen. Die Parkseite des
Gutshauses vor dem Kriege (entnommen dem Buch:
Helmuth Hendel „Zwischen Kiefern und Wacholder“,
Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin, 1960)
in: Rummelsburger Land, 2.
Vierteljahr 2010, S. 15
In dem Dorf stand auch eine Fachwerkkirche,
ein Filial von Treten. Das Bauwerk hat die erste
Nachkriegszeit leider nicht überstanden. In historischen Ansichten lernen wir das
Dorf Brotzen besser kennen.
Wohnplätze: Brandheide, Brotzen, Jassenkaten, Klein Pöppelhof, Pöppelhof, Pöppelkrug (vor dem 9.9.37 Pöppel-Krug)[1]
Lage: Auf der topographischen Karte 1:25.000 Blatt Nr. 1867
Flurnamen: Grützkuhlen (südlich von Brandheide, westlich des Brotzenbachs, guter Boden, dort wuchs Gerste), Laatzig, Rohrerei (Tümpel, am Rande eines Moors), Ziegenberge (an der Grenze zu Turzig, nördlichster Ausläufer der Turziger Berge)
Einwohner 1939: Zahl der Haushaltungen: 47
Gesamtbevölkerung: 274
Einwohnerverzeichnis
von Brotzen (Dorf), Brandheide
und Pöppelhof
poln. Ortsname: Broczyna mit Zgorzele (Brandheide), Popiołki (Klein Pöppelhof), Popielewo (Pöppelhof) und Popielewko (Pöppelkrug)
Verwaltungseinteilung:
Amtsgericht: Rummelsburg
Kreis: Rummelsburg
Regierungsbezirk: Köslin
Amtsbezirk: Rummelsburg
Standesamt: Treten
Schule: Brotzen
Kirchspiel: Treten
Dorfübersichtsplan:
Ausschnitt aus dem Meßtischblatt
1:25.000 Nr. 1867 Brotzen
© Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
Geschichtliches:
Im Jahre 1566 wurde das Dorf und kurz darauf das Vorwerk angelegt. Aus dem
Vorwerk ging schon frühzeitig der Rittersitz hervor, auf dem seines Ärgernis
erregenden Lebenswandels wegen der „wilde Martin“ genannte
Martin von Zitzewitz seinen Wohnsitz nahm. 1658
erbaute Klaus Georg von Zitzewitz eine Kirche, die
Filiale von Treten wurde, in den Jahren 1697-1747 jedoch einen eigenen Pfarrer
hatte. Kasimir v. Zitzewitz ließ im Jahre 1680 das
Dorf abbrechen und am Latziger See wirder aufbauen, mußte aber auf
Klage von Ernst Bogislaw v. Zitzewitz
die neu errichteten Höfe wieder abtragen lassen. Daraufhin setzte er die Brotzener Bauern nach Börnen und
legte das Land zu seinem Hofacker.
Im Zweiten Weltkrieg wurden folgende Gebäude zerstört und beschädigt: Die
Wohnhäuser der Familien Küther und Zinsmeyer sind
abgebrannt, ebenfalls der Schweinestall des Gutes, die Bretterscheune und die
Hofscheune.[2]
Das Gutshaus wurde komplett ausgeplündert. Kein Stück Möbel der ehemaligen
Einrichtung war im März 1947 noch vorhanden, damals stand das Gutshaus auch
noch komplett leer.
In der Nachkriegszeit wurden die Kirche und einige Arbeiterhäuser abgebrochen.
Das Schulgebäude und das Gutshaus sind erhalten geblieben.
Kirchenbücher und Standesamtsunterlagen:
Kirchenbücher: siehe Treten. Die Kirchenbücher wurden zum Zeitpunkt der
Räumungsanordnung 1945 vergraben. Ob die Bücher dort noch lagern, ist
unbekannt.
Personenstandsunterlagen: siehe Treten (unbekannt)
Schule:
Lehrer war Fritz Mundt. Er hatte eine Tochter: Annemarie, später verh. Jambor (*10.10.1920, + 12.10.2009)
Brandheide:
Ortsteil von Brotzen. Hier gab es eine Schule
(letzter Lehrer; Herr Sünram), eine Mühle (hier
wohnte eine junge deutsche Frau, die einen Polen heiratete und noch in den
1980er Jahren lebte) und ein Gutshaus.
Das ehemalige Gut Brotzen (letzte Besitzerin Alice v. Massow
geb. Gräfin v. Pfeil u. Klein Ellguth) auf Rohr im
Kreis Rummelsburg wurde Ende der 1920er Jahre/Anfang der 1930er Jahre verkauft
und in mehrere
Rentengüter aufgesiedelt.
Pöppelhof:
Der Pöppelhof war bis 1928 ein selbständiger
Gutsbezirk. Das Rittergut
Pöppelhof bestand bis 1945. Leider ist es danach
verfallen. Der Ort Pöppelhof kam bei der Neuordnung
der Gemeinden zur Landgemeinde Brotzen.
Dorfleben bis zur
Vertreibung:
Die im Gutsdorf Brotzen wohnhaften
Familien waren fast alle Angestellte und Arbeiter des Gutsbesitzers Dr. Helmuth
Hendel, deren Ehefrauen und Kinder. In den Ortsteilen Pöppelhof
und Brandheide wirtschafteten insgesamt 10 Bauern auf
Flächen von 2 bis 50 ha. Es gab einen Kolonial- bzw. Gemischtwarenhändler im
nahen Pöppelkrug. Hier befand sich auch die einzige
Gaststätte der Gemeinde. Mitte der 1920er Jahre wurde die einklassige
Dorfschule neu erbaut.. Brotzen
hatte eine eigene Fachwerkkirche, die zum Kirchspiel Treten gehörte. Der
Friedhof befand sich an der Grenze zur Gemeinde Börnen.
Es wurden dort Einwohner beider Gemeinden bestattet. Es gab eine freiwillige
Feuerwehr, die Handpumpen zur Verfügung hatte. Letzter Feuerwehrhauptmann war
Schmiedemeister Zinsmeyer. Nächster Gendarmerieposten war Treten. Frischwasser wurde aus
eigenen Quellen gewonnen, auch wurde Wasser z.T. aus einem fliessenden
Bach geschöpft Die Gutsgemeinde verfügte zuletzt über elektrischen Strom, nicht
jedoch die Siedlungen Pöppelhof und Brandheide. Auf dem Gemeindegelände hatte man ein
vorgeschichtliches Steinkistengrab gefunden. Es gab einen geschlossenen Bestand
4-5 m hoher Wacholdersträucher, außerdem wuchs der seltene Seidelbast. Mitte
der 1930er Jahre hatten Schwarzstörche ihren Standort im Bereich der Gemeinde Brotzen. Man sprach plattdeutsch (außer mit dem Pastor, dem
Lehrer und dem Gutsherr. Wie in anderen Regionen Pommerns gab es den Brauch des
Osterwasserholens. Zu Pfingsten schmückte man die Häuser mit Birkenzweigen. Es
gab ein Erntefest und im Advent Krippenspiele. Der Hexenaberglauben hatte sich
bis in die jüngste Zeit erhalten. Im Zweiten Weltkrieg sind gefallen: Werner Perthen, Hermann Voll, Ernst Munzke,
Kurt Müller und Eitel Thom. Die Bevölkerung des Dorfes ging am 3.3.1945 mit 4
Wagen auf den Treck. Es ging über Sellin und Stolp
bis Lauenburg. Dort wurde er überrollt und endete er, Pferde und Wagen wurden
weggenommen, die Menschen zu Fuß nach Hause geschickt. Die Sowjetischen Truppen
überquerten in der Nacht vom 4. zum 5. März 1945, aus Besswitz
kommend, die Wipper und drangen ins Dorf
ein. In der Folgezeit wurden einige Mädchen verschleppt und kehrten erst im
Sommer zurück. Durch Kriegshandlung waren eine Scheune, der Schweinestall und 3
Deputantenhäuser zerstört worden. Die deutsche
Bevölkerung wurde von den Besatzern zu Landarbeit herangezogen und 1946/1947 in
Sammeltransporten ausgewiesen. Das Gut wurde aufgesiedelt und die Ackerflächen
später von Turzig aus bewirtschaftet.[3]
Natur, Flora und Fauna:
Dr.
Helmuth Hendel, letzter Gutsbesitzer von Brotzen hat
nach dem Krieg eine Reihe von Beiträgen in verschiedenen Zeitschriften
verfasst, die sich mit Flora und Fauna, Jagd- und Fischereiwesen in Brotzen und der Umgebung befassen. Eine Gesamtliste der
Veröffentlichungen ist unten unter Literatur aufzurufen.
Aktuelles:
Heute
befindet sich im Brotzener Gutshaus eine Einrichtung
zur Heilung von Suchtkranken.
Fotos aus dem Jahre 2001 sind auf einer separaten
Seite zu sehen.
Literatur:
H.- U. Kuchenbäcker: Vom Gutshaus in Brotzen, in:
Rummelsburger Land, 2. Vierteljahr 2010, S. 15.
H.-
U. Kuchenbäcker: Im Dorfe Brotzen stand einst eine
Fachwerkkirche, in: Rummelsburger Land, 4. Vierteljahr, 1999, S. 16-17.
Gesamtliste der Veröffentlichungen
Helmuth Hendels.
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Erstellt von Jürgen Lux - Letzte Aktualisierung: 24.07.2016
[1] Bauerpöppeln (bis 9.9.1937 Bauernpöppeln) nördlich von Brotzen, jenseits der Wipper, war ein Ortsteil der Gemeinde Beßwitz.
[2] Mitteilung von Frau Hulda Müller, früher Brotzen, im Brief vom 4.3.1947 an Dr. Helmuth Hendel.
[3] Mitteilungen von Frau Renate Hendel im Rahmen einer Fragebogenaktion des Heimatkreises Rummelsburg 1981.